Troja (Truva)

Das sagenumwobene Troja (türkisch Truva) befindet sich etwa 35 km südöstlich von Çanakkale und rund 140 km nördlich von Ayvalık in der Nähe des Dorfes Tevfikiye. Troja ist über die Nationalstraße D550/E87 aus beiden Richtungen gut zu erreichen und auch ausgeschildert. Von einem Besuch am Wochenende ist abzuraten, da viele Jugendliche Troja als idealen Ort für exzessive Partys für sich entdeckt haben.

Troja ist wohl die berühmteste Ausgrabungsstätte der Türkei. Dennoch sollte der Besucher sich nicht all zu viel von dem Besuch erwarten, vor allem dann nicht, wenn er bereits Ausgrabungsstätten wie beispielsweise Aphrodisias, Arykanda oder Ephesus besucht hat. Auch die nüchterne Betrachtung der Geschichte birgt Enttäuschungspotential. Entfernt man sich von dem Mythos des Trojanischem Krieges, von Homers sagenhaften Epos Ilias und lenkt seinen Blick auf wissenschaftliche Forschungsarbeiten, so finden sich nur wenige Hinweise auf einen Achilles, einen Agamemnon, einen heldenhaften Odysseus, eine wunderschöne Helena und wie sie noch alle hießen. Ja selbst die Existenz Homers ist unter manchen Gelehrten umstritten. Manche (wenn auch nur wenige) Archäologen gehen sogar soweit, dass sie Troja nicht an der Westküste der Türkei sehen wollen, sondern an der südlichen Mittelmeerküste, in Kilikein, dem Gebiet östlich von Alanya. Einiges deutet darauf hin, dass das klotzige Holzpferd, das für einen Monumentalfilm erbaut wurde, das einzige ist, das je auf diesem Hügel stand.

Gleichwohl kann Troja (lassen wir den Namen einfach einmal stehen) auf eine über 5000 Jahre alte Tradition zurückblicken. Selbst die UNESCO führt Troja schon seit dem Jahre 1998 auf ihrer Liste des Weltkulturerbes. Insgesamt neun Trojas hat es gegeben, je nach Art der Zählung sogar zehn. Gekennzeichnet werden diese durch römische Ziffern.

Troja I kann bis auf die frühe Bronzezeit zurückdatiert werden. Aus der Zeit von Troja I (2920-2600 v. Chr.) stammen die Überreste mächtiger Wehrmauern.

Troja II (2600-2450 v. Chr.) war immerhin Sitz eines mächtigen Herrschers. Der berühmte (vermeitliche) „Schatz des Priamos“ kann gesichert auf diese Zeit zurückdatiert werden, also gute 1000 Jahre vor den Ereignissen aus Homers Werk.

Zur Zeit von Troja III- Troja V (2450-1700 v. Chr.) dehnte sich die Fläche der Stadt auf etwa 18.000 m² aus.

Troja VI (1700-1250 v. Chr.) war sehr stark von Mykene beeinflusst. In dieser Zeit entstanden zahlreiche kolossale Bauten, wie etwa Paläste und Befestigungsanlagen. Trojas Herrschaftsgebiet verdoppelte sich, die Stadt gründete Kolonien und baute zahlreiche Handelsbeziehungen auf.

Es folgt Troja VIIa, über das nicht sehr viel bekannt ist. Es gibt Hinweise, dass die Stadt von einem Volk aus dem Balkan besiedelt wurde, als sicher gilt es, dass die Stadt einem Brand zum Opfer fiel.

Ebenso verhält es sich mit Troja VIIb, das vermutlich um 1000 v. Chr. von seinen Bewohnern aufgegeben wurde.

Troja VIII wurde um 700 v. Chr. von Äolern besiedelt und Illion genannt. Im Jahre 547 v. Chr. wurde Illion von dem Perserkönig Kyros erobert, später von Alexander dem Großen.

Die letzte große Ära (Troja IX) begann im Jahre 85 v. Chr. unter den Römern, die die Stadt unter dem Namen Novum Ilium mit zahlreichen monumentalen Bauten versahen. Bis zu 40.000 Einwohner soll die Stadt zu dieser Zeit gezählt haben. Schließlich wurde Troja 262 n. Chr. fast vollständig von den Goten zerstört. Die Stadt verfiel mehr und mehr, war zwar noch bis ins 13. Jahrhundert Bischofssitz, verschwand aber allmählich von der historischen Bildfläche und aus den Geschichtsbüchern.

Erst durch die Ausgrabungen und Funde des deutschen Kaufmanns Heinrich Schliemann (1822-1890) gewann Troja wieder an Aufmerksamkeit bei den Gelehrten. Dem als Fantast verspotteten Hobbyarchäologen, gelangen die bedeutungsvollen Funde. Sie ließen die Lästermäuler seiner Kritiker zunächst verstummen. Auch wenn heute erwiesen ist, dass zwischen Homers Ilias und dem fantastischen „Schatz des Priamos“ kein Zusammenhang besteht und Schliemanns Ausgrabungen mehr Fragen als Antworten aufwerfen, ist Schliemanns Fund für Archäologen von unschätzbarem Wert. Leider ließ Schliemann bei seiner Arbeit nur wenig Sorgfalt walten. Seine Methoden glichen mehr einem Zahnarzt mit einer Beißzange, als die eines gründlichem Archäologen. Viele Schichten wurden durch sein draufgängerisches "Geschaufel" schlichtweg ruiniert. Auch den berühmten Schatz ließ Schliemann entgegen seiner Abmachung mit Sultan Abdülaziz nicht im Lande sondern ließ ihn außer Landes schmuggeln. Zunächst gelang er nach Berlin, bis er schließlich nach Ende des Zweiten Weltkrieges von den Russen als Kriegsbeute nach Moskau gebracht wurde. Zwar ist der Trojanische Krieg, sollte es ihn gegeben haben, längst beendet, die Streitereien um sein vermeintliches Erbe dauern an.

Weblinks:

Die historischen Ausgrabungen in Troja

Weiterführende Literatur:

Troia. Traum und Wirklichkeit (Theiss, Stuttgart 2001)
Troia. Wie es wirklich aussah (Birgit Brandau, Hartmut Schickert und Peter Jablonka, Piper, München 2004)
Troia. Eine Stadt und ihr Mythos (Birgit Brandau, Lübbe, Bergisch Gladbach 1997)
Heinrich Schliemanns Weg nach Troja - Die Geschichte eines Mythomanen (Manfred Flügge, 2001)
Troia und Homer. Der Weg zur Lösung eines alten Rätsels (Joachim Latacz, 6., aktualisierte und erweiterte Auflage. Koehler & Amelang, Leipzig 2010)

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