Ayvalık

Ayvalık (zu deutsch etwa „Quittengarten“) - wer für gewöhnlich seinen Urlaub pauschal und am besten all inklusive bucht, wer auf Daueranimation und Dauerbeschallung im Urlaub aus ist, hat vermutlich noch nicht viel von dem bemerkenswerten Städtchen an der westlichen Ägäisküste gehört. Wer jedoch einen erholsamen Urlaub in entspannter Atmosphäre sucht, wer vielleicht auch noch an den vielen Kulturgütern, die sich in unmittelbarer Nähe Ayvalıks befinden, interessiert ist, für den ist Ayvalık eine ausgezeichnete Wahl. Ayvalık liegt etwa 150 Kilometer nördlich von Izmir und ist mit dem Auto oder Bus von da aus sehr gut zu erreichen.

Seinen wirklichen Charme gibt Ayvalık erst auf den zweiten Blick preis. Aus vielen verwinkelten Hintergässchen, Kopfsteinpflaster, Pferdekutschen, alten oftmals denkmalgeschützten Bauwerken zieht Ayvalık seinen besonderen, vielleicht etwas maroden, Flair. Ihr vorgelagert sind 23 teils griechische, teils türkische Inseln, die in der Vergangenheit unmittelbaren Einfluss auf das Städtchen und seine Umgebung nahmen. Heute bieten sie beliebte, jedoch nicht überlaufene, Ausflugsziele für Einheimische und Touristen. Besonders hervorzuheben gilt die Insel Alibeyadası, die gute Bademöglichkeiten bietet und vom Festland über einen Damm zu erreichen ist. Auch ein Besuch der Halbinsel Sarmasık lohnt sich. Um seinen sagenumwobenen Aussichtspunkt Şeytan Sofrası (Teufelstisch) ranken sich zahlreiche Legenden, die allesamt mehr oder weniger den gleichen Inhalt haben: den Teufel zu bestechen.

Die Geschichte Ayvalıks reicht bis in die Antike zurück. Das heutige Ayvalık entstand zum Teil auf den Ruinen der römischen Siedlung Kydonia. Im Schatten ruhmreicher Nachbarn, wie Assos oder Pergamon (seit 2014 Weltkulturerbe), war Ayvalık jedoch in der Antike vergleichsweise bedeutungslos. Dies änderte sich erst im Laufe des 18. Jahrhunderts. Durch einen Erlass des Sultans (Ferman) Mustafa III. stand das griechisch geprägte Ayvalık zu dieser Zeit als einzige osmanische Stadt weitgehend unter autonomer Verwaltung. Als im Jahre 1821 eine aufgebrachte Menge zwei türkische Schiffe kaperte, verbannte jedoch Sultan Mahmud II. viele griechische Bewohner Ayvalıks ins anatolische Hochland. Trotzdem standen noch unter Sultan Abdülhamid (1866-1909) rund 20'000 griechischen Einwohnern gerade einmal etwa 180 türkische Beamte gegenüber. Während des türkisch-griechischen Krieges (1920-22) mussten die meisten griechischen Bewohner ihre Heimat verlassen, stattdessen wurden zahlreiche Türken zumeist aus Kreta in Ayvalık angesiedelt. Ein Vorgang, der oftmals selbst in Lehrbüchern zynisch als Kulturaustausch bezeichnet wird.

Heute ist Ayvalık vor allem durch den Fischfang und die Olivenölproduktion geprägt. Rund 2,5 Mio. Olivenbäume säumen die Umgebung. Selbstbewusste Produzenten vergleichen die Region gar mit der Toskana.